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Lesedidaktik

Das Lesen und Verstehen von Texten ist ein sehr komplexer Vorgang, bei dem viele verschiedene Teilprozesse und Wissensbestände miteinbezogen sind. Die aktuelle Leseforschung unterscheidet grob drei Typen kognitiver Lesefähigkeiten:

  1. Hierarchieniedrige, textbasierte Funktionen der Worterkennung (durch alphabetisches Erlesen oder Wortbilderkennung) und des lokalen Satzverstehens.
  2. Hierarchiehöhere, stärker wissensbasierte Funktionen des globalen Textverstehens (Aufbau eines mentalen Textmodells).
  3. Metakognitive, strategische Funktionen der Planung, Steuerung und Evaluation.
    (vgl. Schnotz & Dutke 2004, Hurrelmann 2004)

Da die Kapazität unseres Arbeitsgedächtnisses beschränkt ist, können diese Funktionen nicht alle gleichzeitig bewusst ausgeführt werden. Abhilfe schaffen hier zwei unterschiedliche Entwicklungsprinzipien: einerseits die zunehmende Automatisierung der hierarchieniedrigen Funktionen und andererseits die immer effizientere Organisation von Wissensbeständen im Langzeitgedächtnis. Geübte Leser/innen haben deshalb den Kopf frei für hierarchiehöhere und strategische Funktionen, während Leseanfänger/innen stark durch Worterkennung und lokales Satzverstehen absorbiert werden (vgl. Samuels 2006).

 

Die Lesewerkstatt baut auf diesen Grundlagen auf: Mit den Lernbereichen «Laute erkennen», «Wörter erkennen» und «Sätze verstehen» werden hierarchieniedrige Funktionen trainiert, während die Lernbereiche «Texte verstehen» und «gezielt lesen» auf hierarchiehöhere und strategische Funktionen ausgerichtet sind. Das Training von kognitiven Fähigkeiten ist allerdings nur ein Baustein einer umfassenden, Leseförderung. Deshalb werden mit den Angeboten der Bibliothek Brücken geschlagen vom Lesetraining zum handlungsorientierten Lesen in authentischen Lern- und Lebenssituationen.

 

 

Literatur:

  • Hurrelmann, Bettina (2004). Fazit: Lesen als Schlüsselqualifikation. In N. Groeben & B. Hurrelmann (Hg.), Lesesozialisation in der Mediengesellschaft (S. 440–465). Weinheim: Juventa.
  • Samuels, Jay S. (2006). Toward a Model of Reading Fluency. In J. Samuels & A. Farstrup (ed.), What Research Has to Say About Fluency Instruction (p. 24–46). Newark: International Reading Association.
  • Schnotz, W. & Dutke, S. (2004). Kognitionspsychologische Grundlagen der Lesekompetenz: Mehrebenenverarbeitung anhand multipler Informationsquellen. In U. Schiefele, C. Artelt, W. Schneider & P. Stanat, Struktur, Entwicklung und Förderung von Lesekompetenz (S. 60–99). Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.